Siglinde Anne Siegel: Darf Pflege(n) Spaß machen?
Das Buch von Siglinde Anne Siegel ist in erster Linie als ein Plädoyer zu verstehen für den Humor in der Pflege. Humor ist in der Pflege nicht nur möglich, sondern sogar nötig! , kündigt schon der Klappentext an. Im Resümee formuliert es Siegel anders. Pflege dürfe Spaß machen, weil es Leid, Schweres und Schmerz gerade in diesem Umfeld zur Genüge gebe. Humor in der Pflege bedeute nicht, dass Pflegende immer selber die Humorinitiatoren sein müssten, sie könnten auch als Katalysatoren fungieren, indem sie Humor in ihrer Einrichtung förderten und ermöglichten.
Siegel hat eine Arbeit geschrieben, die einer Vertiefung bedürfe. Dafür beschränkt sie sich an vielen Stellen zu sehr darauf, die Inhalte aphorismenhaft vorzustellen. Wer sich in die Materie einarbeiten will findet in dem Buch Darf Pflege Spaß machen? eine hilfreiche Grundlage. Wenn Siegel über die Ziele einer humorvollen Pflege nachdenkt, verdient die Überlegung des Humors als Kontrapunkt Erwähnung. Humor könne als Kontrapunkt zur technisierten Medizin verstanden werden. Siegel spricht von highhumor statt von hightech .
Bei der Beantwortung der Fragen, welche Bedeutung und welchen Nutzen der Humor in der Pflege hat, greift Siegel auf Untersuchungen im angloamerikanischen Raum zurück. Damit offenbart sie einerseits eine Schwäche der deutschsprachigen Pflegewissenschaft, beschreibt aber gleichzeitig, welche Arbeit noch vor der deutschsprachigen Pflegewissenschaft sowie der Humorszene liegt. In dem Kapitel Welche Bedeutung hat der Humor im Pflege-und Gesundheitswesen? macht Siegel entscheidende Äußerungen des Buchs. Sie stellt den Humor in den direkten Kontext zum Salutogenese-Konzept des Gesundheitssoziologen Aaron Antonovsky. Dem Humor wohnten gesundheitsfördernde Ressourcen inne. Siegel bringt vor allem den Begriff der Lebensfreude in die Diskussion. Lebensfreude sei so etwas wie das Lebenselixier. Ein nicht zu vernachlässigender Aspekt sei die Tatsache, dass Krankheit und Leiden oft mit einer massiven Hospitalisierung und Reizverarmung einhergingen. Humorinterventionen könnten eine willkommene Ablenkung bieten. Siegel stellt den Brückenschlag von Humor und pflegerischen Beziehungen in den Mittelpunkt der Betrachtungen. Im Rückgriff auf eine phänomenologische Studie spricht sie zurecht von zentralen Effekten des Humors in der Pflege: Humor spiele eine große Rolle im Umgang mit schwierigen Situationen und schwierigen Patienten; Humor fördere das Zusammengehörigkeitsgefühl von Pflegenden und Patienten; Humor verhelfe zu einer effektiven therapeutischen Kommunikation.
Humor als einen Ausdruck von Kreativität zu verstehen, ist ein anderer Gedanke, an den Siegel erinnert. Sie erinnert an Landau, die die Beziehung zwischen Humor und Kreativität auf ihre Weise beschreibt. Für sie sei Humor etwas Kreatives, das etwas Neues (z.B. das überraschende Ende eines Witzes), etwas Relevantes (z.B. die Situationskomik) und eine Veränderung der Perspektive beinhaltet . Ähnlich positiv ist das Siegelsche Verständnis aufzufassen, wenn sie beim Humor von Wellness pur schreibt. Humor schenke unserem Alltag das gewisse Etwas und sei wohl so etwas wie ein manchmal nur Sekunden dauernder Wellnessurlaub .
Kurzum: Siglinde Anne Siegel hat mit dem Buch Darf Pflege Spaß machen? eine Arbeit vorgelegt, die interessante Ideen in sich birgt. Mehr Tiefgang hätte der Studie gut getan. Darf Pflege Spaß machen? hätte mehr als der Abdruck einer Diplomarbeit sein dürfen.
Christoph Müller, Walsrode