Aprilscherze
Deutsche Presseagentur (dpa)
31.03.2009
Mit Aprilscherzen wollen wir unser Selbstwertgefühl stärken
Tuttlingen (dpa/lsw) Ob von langer Hand geplant oder ganz spontan: Am 1. April schicken sich Arbeitskollegen, Schulkameraden und Familienangehörige wieder gegenseitig in den April. Wenn der Streich gelingt, dann ist die Freude groß und es wird ausgiebig gelacht. Mit dem Aprilscherz wollen wir unser eigenes Selbstwertgefühl stärken , erklärte der Tuttlinger Psychologe und Humorforscher Michael Titze in einem dpa-Gespräch. Wir suchen nach gutgläubigen Menschen, die auf unsere Scherze reinfallen und uns somit bestätigen, dass sie inkompetenter sind als wir selbst , so Titze.
Es handle sich um die so genannte hämische Schadenfreude, die ein psychodynamisches Relikt der Kindheit sei: Ältere Kinder brauchen den Beweis, dass es weniger kompetente Kinder gibt , so Titze. Besonders in Zeiten, in denen der Druck und die Unsicherheit für den Einzelnen besonders groß seien, habe die hämische Schadenfreude Hochkonjunktur, so der Humorforscher. Als der Aprilscherz Anfang des 17. Jahrhunderts zum ersten Mal als Massenphänomen auftrat, litten die Menschen unter dem 30-Jährigen Krieg , erklärte Titze. Heute in Zeiten der Globalisierung, dem gestiegenen Leistungsdruck und der Wirtschaftskrise sei der Bedarf nach Stabilisierung des Selbstwertgefühls und Entlastung besonders groß.
Comedy und Fernsehen tendieren daher wieder dazu, vermeintlich schwache oder dumme Menschen vorzuführen , so Titze. Dies sei bereits in der Antike so gewesen und diene als eine Art Ventilfunktion für den Zuschauer. So dumm kannst du gar nicht sein, dir geht es viel besser , werde ihm damit signalisiert. In der Sozialpsychologie ist dieses Phänomen als die Suche nach dem Abwärtsvergleich bekannt , erklärte Titze: Die Suche nach dem Kompetenzgefälle gehört zum Menschen dazu.
Seiner Meinung nach sei die Tradition, Menschen am 1. April zu veräppeln, durch die Einführung des gregorianischen Kalenders entstanden. Ende des 16. Jahrhunderts wurde dabei das Neujahrsfest vom 1. Januar auf den 1. April verlegt. Die Hinterwäldler, die davon nichts mitbekommen hatten und weiterhin am 1. April Silvester feierten, wurden als Aprilnarren verspottet , so Titze.
(Internet: www.michael-titze.de)
Benjamin Haas, dpa
31.03.2009
Mit Aprilscherzen wollen wir unser Selbstwertgefühl stärken
Tuttlingen (dpa/lsw) Ob von langer Hand geplant oder ganz spontan: Am 1. April schicken sich Arbeitskollegen, Schulkameraden und Familienangehörige wieder gegenseitig in den April. Wenn der Streich gelingt, dann ist die Freude groß und es wird ausgiebig gelacht. Mit dem Aprilscherz wollen wir unser eigenes Selbstwertgefühl stärken , erklärte der Tuttlinger Psychologe und Humorforscher Michael Titze in einem dpa-Gespräch. Wir suchen nach gutgläubigen Menschen, die auf unsere Scherze reinfallen und uns somit bestätigen, dass sie inkompetenter sind als wir selbst , so Titze.
Es handle sich um die so genannte hämische Schadenfreude, die ein psychodynamisches Relikt der Kindheit sei: Ältere Kinder brauchen den Beweis, dass es weniger kompetente Kinder gibt , so Titze. Besonders in Zeiten, in denen der Druck und die Unsicherheit für den Einzelnen besonders groß seien, habe die hämische Schadenfreude Hochkonjunktur, so der Humorforscher. Als der Aprilscherz Anfang des 17. Jahrhunderts zum ersten Mal als Massenphänomen auftrat, litten die Menschen unter dem 30-Jährigen Krieg , erklärte Titze. Heute in Zeiten der Globalisierung, dem gestiegenen Leistungsdruck und der Wirtschaftskrise sei der Bedarf nach Stabilisierung des Selbstwertgefühls und Entlastung besonders groß.
Comedy und Fernsehen tendieren daher wieder dazu, vermeintlich schwache oder dumme Menschen vorzuführen , so Titze. Dies sei bereits in der Antike so gewesen und diene als eine Art Ventilfunktion für den Zuschauer. So dumm kannst du gar nicht sein, dir geht es viel besser , werde ihm damit signalisiert. In der Sozialpsychologie ist dieses Phänomen als die Suche nach dem Abwärtsvergleich bekannt , erklärte Titze: Die Suche nach dem Kompetenzgefälle gehört zum Menschen dazu.
Seiner Meinung nach sei die Tradition, Menschen am 1. April zu veräppeln, durch die Einführung des gregorianischen Kalenders entstanden. Ende des 16. Jahrhunderts wurde dabei das Neujahrsfest vom 1. Januar auf den 1. April verlegt. Die Hinterwäldler, die davon nichts mitbekommen hatten und weiterhin am 1. April Silvester feierten, wurden als Aprilnarren verspottet , so Titze.
(Internet: www.michael-titze.de)
Benjamin Haas, dpa