Wer zuletzt lacht
"Witz und Sprachgewandtheit"
Von Christoph Müller
Der Psychotherapeut Michael Titze hat sich als Vordenker der therapeutischen Anwend-ung von Humor über Jahrzehnte hinweg einen Namen gemacht. In den vergangenen Jahren beweist er, dass er über den Tellerrand schauen kann. Philosophische Diskurse gehören zu seinem Repertoire. Mit dem neuen Buch "Wer zuletzt lacht ..." zeigt er sich als gekonnter Rhetoriker. Denn es ist eine kleine Schule der humorvollen Selbstbehauptung. Der Leser ist nach der Lektüre jedoch nicht nur um einige Lektionen der Schlagfertigkeit reicher. Mit dem Buch gelingt es gleichzeitig, über das eigene Selbst zu reflektieren.
Das Tandem zur Selbstreflexion ist die Darstellung der unterschiedlichen Persönlich-keitstypen, an die Titze kompetent heranführt. Ihm gelingt es, den Charakter eines Lehrbuchs hinter sich zu lassen. Nein, Titze arbeitet methodisch lebendig, wenn er immer wieder Episoden oder Witze erzählt. Dies wird gekoppelt an fachliche Darstellungen, die durchdacht sind. Für Titze ist Rhetorik eine "Kunst der Sprachgewandtheit" (S.1). Dies ist jedoch nur eine Seite der Medaille. Die andere Seite der Münze ist die Schlagfertigkeit, zu deren Titze über die mehr als 150 Seiten ermutigt.
Lachen nennt Titze ein Qualitätskriterium in der zwischenmenschlichen Begegnung. Dabei warnt er davor, sich zur Zielscheibe von Gelächter zu machen. Ziel einer wirksamen Widerrede müsse nicht der Sieg über einen Gegner sein. Genauso wichtig sei das Wissen um die Möglichkeiten, "aus einem rhetorischen Gegeneinander eine Partnerschaft entstehen zu lassen, die durch sachbezogene Interessen bestimmt wird" (S.5).
Da begegnet man dem "historischen Titze", der schon bei seinen gelotologischen Diskursen die Win-win-Situationen für die beteiligten Menschen betont hat. Mit einer guten Prise Humor mache das Spiel eine Menge Spaß. Freude hat der Leser schon, wenn er die Einführung des österreichischen Humor-Experten Alfred Kirchmayr liest. Für Kirchmayr ist Humor ein "Elixier der Lebenskunst" (S. VII). Mit philosophie-und religionshistorischem Hintergrund begleitet Kirchmayr den Leser zur "heiligen Dreifaltigkeit: Leichtigkeit, Lockerheit, Lachen" (S. XV). Er verspricht, dass die kreative Streitkultur, das innere Selbstgespräch und das Selbstwertgefühl bereichert würden (S. XVI).
Titze gibt zu bedenken, dass es wenig Sinn macht, mit Boxhandschuhen oder Ritter-rüstungen auf die Arbeit zu gehen. Der Leser solle den Mut haben, sich mit dem eigenen Persönlichkeitsprofil auseinanderzusetzen. Entziehen kann sich der Leser diesen Profilen wohl kaum. Denn mit praxisorientierten Übungen nimmt Titze den Leser mit. So kann es gelingen, den rhetorischen Stil eines Menschen mit der Wesensart übereinzubringen, damit die Schlagfertigkeit authentisch und überzeugend wirken kann.
Titze unterscheidet zwischen vier bestimmenden Persönlichkeitstypen. Gründlich arbeitet er sich am Boss als aktiv-aggressiven Typ und am Star als passiv-aggressiven Typ ab. Er konkretisiert den Eremiten als aktiv-regressiven Typus und auch den armen Lazarus als passiv-regressiven Typ. Man kann es fast als Versprechen bezeichnen, dass sich der Leser sicher in einem, wenn nicht auch in mehreren Typen wiederfindet.
Der eine oder andere Leser könnte die Lektüre als lebhafte Aktivität auf dem gefrorenen Eis wahrnehmen. Schlagfertigkeit muss schließlich eingeübt werden - gleich dem Training mit Schlittschuhen. Doch Michael Titze gelingt es, an der Bande immer wieder für Sicherheit zu sorgen. Deshalb: nur Mut, sich nicht nur mit dem Titze des Humors und des Lachens beschäftigen. Auch der Rhetoriker Titze belohnt sie während der inhaltlichen Begegnung.
Michael Titze: Wer zuletzt lacht - Die Kunst humorvoller Selbstbehauptung
Schattauer Verlag, Stuttgart 2018
ISBN 978-3-7945-3293-3
155 Seiten
19.99 Euro.