Spielerischer Ernst
Andrea Pfandl-Waidgasser
Spielerischer Ernst Clowneske Interventionen in der Krankenhausseelsorge
Kohlhammer-Verlag, Stuttgart 2011
ISBN 978-3-17-021725-6
301 Seiten
Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Krankenhausseelsorge und dem Clownesken? Schliessen sich die beiden Welten nicht gegeneinander aus? Folgt man den Gedanken der Theologin Andrea Pfandl-Waidgasser, so hat die klinische Seelsorge die Aufgabe, für eine Perspektivenerweiterung der Krankenhausseelsorge durch das Clowneske zu sorgen. Einerseits muss man dankbar sein für ihren inhaltlichen Ansatz. Doch während der Lektüre beschleicht einen andererseits immer wieder das Gefühl, dass es nicht so recht zu gelingen scheint. Statt eine integrierende Sicht zu begründen, lässt es Andrea Pfandl-Waidgasser immer wieder bei Parallelwelten beruhe, so hat man den Eindruck.
Clownesk steht für mich für eine Haltung, die ein spielerisches Ausloten von Möglichkeitsräumen im Modus einer angemessenen Respektlosigkeit anpeilt , beschreibt sie schon in der Einleitung. Auf den 300 Seiten des Buchs Spielerischer Ernst will jedoch nicht so recht deutlich werden, was Pfandl-Waidgasser damit meint. Anders formuliert: der Funke will nicht so recht auf den interessierten Leser überspringen. Pfandl-Waidgasser hat neben der theologischen und der klinisch-seelsorgerlichen Ausbildung wohl auch eine Clownsausbildung absolviert. Die eigene clowneske Figur wird jedoch nicht spürbar. Auch theologisch-philosophisch wünscht sich der Leser mehr Tiefgang oder existentielle Betrachtung, wenn sie beispielsweise vom homo ludens schreibt. Das Spiel meine die immer neue Erfindung des eigenen Lebens, formuliert Pfandl-Waidgasser.
Doch wird sie bei vielen Ideen nicht konkret genug und versucht gleichzeitig nicht, in die Schuhe der Betroffenen zu schlüpfen. Dankbar sein kann man für ihre Gedanken zum eigenen Verständnis und den eigenen Haltungen. Beispielsweise beschreibt sie: KH-Seelsorgende können, bei Zustimmung des Gegenübers, Weggefährtinnen auf Zeit in einem dialogischen Suchprozess und AnwältInnen der jeweiligen Lebendigkeit inmitten von Brucherfahrungen, Krankheit, Überforderung, Ohnmacht sein. Oder an anderer Stelle muss man konstatieren, dass Pfandl-Waidgasser ihre eigene seelsorgliche Tätigkeit sehr wohl reflektiert zu haben scheint. Dies ergibt sich aus den eigenen Worten, wenn sie schreibt: Die eigene Haltung und aktuelle Verfassung der KH-Seelsorgenden ist entscheidend bei der Kontaktaufnahme, der Begegnung, der (Krisen-)Intervention, der Begleitung, Nonverbal überträgt sich bereits in den ersten Augenblicken mehr, als Menschen bewusst und oft auch lieb ist ..
Was Pfandl-Waidgasser in der Studie Spielerischer Ernst vorlegt, verlangt nach einem Weiter-Nachdenken, vor allem aber nach Konkretion. Es muss spürbar werden, was sie mit signifikanten Sätzen meint: Ein Mensch mit einer clownesken Haltung lässt sich durch Ambivalenz und Kontingenz nicht von einem existentiellen Entdeckungs-und Spieldrang, einer sinnenhaften Weltaneignung abbringen.
Christoph Müller