Seliges Lächeln und höllisches Gelächter
Winfried Wilhelmy (Hrsg.)
Seliges Lächeln und höllisches Gelächter Das Lachen in Kunst und Kultur des Mittelalters
Verlag Schnell und Steiner, Regensburg 2012
ISBN 978-3-7954-2583-8
253 Seiten
Können Sie sich vorstellen, dass Lachen und Mittelalter ein lebendiges Miteinander eingegangen sind? Halten Sie es für möglich, dass Glauben und Lachen sich ergänzen können im Mittelalter? Was bisher als unvereinbar gegolten kann bzw. Befremden hervorgerufen hat, wird in diesen Tagen in einem anderen Licht angeschaut. Denn das Dom-und Diözesanmuseum in Mainz räumt in diesen Tagen mit diesen Vorurteilen auf und zeigt die Ausstellung Seliges Lächeln und höllisches Gelächter Das Lachen in Kunst und Kultur des Mittelalters . Der vorliegende Band ist der dazugehörige Ausstellungskatalog. Dieser Ausstellungskatalog schließt eine inhaltliche Lücke in der Humorforschung wie die Ausstellung wahrscheinlich auch kunsthistorisch eine Nische ausfüllt. So identifiziert der Mainzer Diözesanbischof Karl Kardinal Lehmann in seinem Vorwort eine Parallele zwischen dem Glauben und dem Lachen: Nur so kann ich es mir übrigens erklären, dass wir in der Geschichte des Glaubens vieles ausgeprägt haben, was zum Menschen gehört, aber im Licht des Glaubens vielleicht markanter wird: die Kritik als Gabe der Unterscheidung, die Satire, den Humor, die Formen vom Witz bis zu den Sprichwörtern.
So schaut Marius Reiser in seinem Aufsatz Von allen Lebewesen lacht nur der Mensch auf die griechisch-römische Lachkultur. In vergleichbarer Weise schreibt Reiser über das Lachen in der Bibel und die christliche Lachkultur . Winfried Wilhelmy hat seinen Beitrag mit dem Titel Das leise Lachen des Mittelalters überschrieben und das Lächeln, Lachen und Gelächter in den Schriften christlicher Gelehrter untersucht. Monika Müller ist überzeugt das Lachen ist dem Menschen eigen und schaut nach der Darstellung in der Kunst des Mittelalters.
Erst im 19. Jahrhundert hätte sich das Lachen als Ausdruck reiner Lebensfreude .eine ganz neue, mit dem modernen Verständnis des Lachens kompatible Bedeutung , schreibt die Kunsthistorikerin Heike Frank-Ostarhild in dem Aufsatz Weiterlachen Ein Ausblick in die Neuzeit . Mit dem Blick auf Bocaccios Dekameron resümiert Ralph N. Köhnen in seinem Beitrag Das Lachen in den Gesichtern der Literatur Mittelalter und Neuzeit : Die Botschaft des Lachens lautet: Herkömmliche Tugenden lohnen sich nicht immer, Nachdenken ist gefordert, Vorurteile müssen bedacht werden, alte Konzepte und theologische Begriffe werden als nützliche Instrumente demaskiert.
In den zahlreichen Beiträgen des Ausstellungskatalogs Seliges Lächeln und höllisches Gelächter wird deutlich, dass historisch gesehen das Lächeln, das Lachen und das Gelächter noch nicht den eigentlichen Schritt zur Emanzipation des Geistes gegangen sind. Der Ausstellungskatalog Seliges Lächeln und höllisches Gelächter signalisiert aber, dass im Mittelalter freudigere Meilensteine wirklich geworden sind als man es erwartet hätte. Genauso wenig hätte man es erwartet, dass an den kirchlichen Bauwerken Mitteleuropas so zahlreiche steinerne Zeugnisse für ein frohes Mittelalter vorhanden sind, wie es die vielen Fotografien der Ausstellungsexponte zeigen.
Die Ausstellungsexponate eröffnen eine neue Denk-und Ansichtsweise, die das Lachen im Mittelalter als historisch gegeben zeigen. Die kenntnisreichen Texte des Ausstellungsbandes Seliges Lächeln höllisches Gelächter bringen eine vergleichbare Leistung. Hoffentlich sind die Mainzer Ausstellung und der Ausstellungskatalog nur der Anfang eines frisch keimenden Forschungswillens.
Christoph Müller