Narren - Masken - Karneval
Stefanie Knöll (Hrsg.)
Narren Masken Karneval Meisterwerke von Dürer bis Kubin aus der Düsseldorfer Graphiksammlung Mensch und Tod
Verlag Schnell und Steiner, Regensburg 2009
ISBN 978-3-7954-2109-0
182 Seiten
Wenn wir vom Karneval sprechen, denken wir an fröhlich ausgelassenes Treiben, Verkleidung mit Masken und Kostümen, ironische Kommentare zur Politik und eine Umkehrung der Machtverhältnisse ... Zur Ausgelassenheit während des Karnevals gehört die Trauer bei seinem Ende, zum alljährlichen Erwecken des Hoppeditz seine Grabtragung. Überhaupt ist der Karneval bestimmt von Begriffspaaren wie Freude und Trauer, Werden und Vergehen, Regellosigkeit und Wiederaufnahme der bürgerlichen Ordnung sowie dem christlichen Begriffspaar Sünde und Busse. Was sich bei Stefanie Knöll, der wissenschaftlichen Mitarbeiterin am Institut für Geschichte der Medizin an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf recht einfach liest, entpuppt sich in der inhaltlichen Beschäftigung als geistiges Abenteuer.
Denn wenn die Literaturwissenschaftlerin Gertrude Cepl-Kaufmann in ihrem Beitrag Die Fastnachtsbeichte über Carl Zuckmayers Erzählung als Welttheater der Moderne und Stefanie Knöll in ihrem Aufsatz Maskierung und Demaskierung über den Tod beim Maskenball nachdenken, wird deutlich, wie tiefgründig sich deutsche Geistesgeschichte präsentiert. Und noch viel mehr. Es wird klar, wie sehr das Narrentum, die Maskerade und der Karneval mit dieser Geistesgeschichte verwoben ist.
Der Kölner Brauchtumsforscher Wolfgang Oelsner äussert sich einmal mehr zur Tiefgründigkeit des rheinischen Karnevals. Er schreibt: Karneval gilt als lebensfrohes Fest . Auch die Träne im Auge gehört dazu, Spass und Melancholie sind nicht auf ewig getrennt ... Schließlich legt dieses Fest Affekte frei und lässt Kulturbürger im Kollektiv regredieren .. Oelsner arbeitet in seinem Aufsatz Im Himmel ist der Teufel los närrische Todes-und Jenseitsvorstellungen auf. Dies veranschaulicht er unter anderem an der Bronzeskulptur Hoppeditz des Bildhauers Bert Gerresheim, die in der Düsseldorfer Altstadt steht. Unter anderem unterstreicht er: Memento mori und carpe diem schunkeln Arm in Arm. Der Karneval vermittele das Memento mori nicht um seiner selbst willen, sondern um an die Kostbarkeit des Augenblicks zu mahnen. Das Hoppeditz-Denkmal des Bert Gerresheim zeige, wie sich Lebensbejahung und Todesbewusstsein auf der Bühne Karneval gegenüberstehen , schreibt Oelsner.
Es sind neun Aufsätze, die das Verhältnis von Narren, Masken und Karneval zum Tode bestimmen. Ergänzt werden die Darstellungen durch einen umfangreichen Katalogteil, der Meisterwerke aus der Düsseldorfer Sammlung Mensch und Tod dokumentiert. Kenntnisreich und ins Detail verliebt werden die Bilder und Graphiken kommentiert. So gelingt es dem Betrachter auch, sich auf die Wahrnehmung des künstlerischen Werkes zu konzentrieren. Wer der bildenden Kunst im Verhältnis zum Lustigen seine Aufmerksamkeit schenken will, dem gibt das Buch Narren Masken Karneval eine gute Gelegenheit dazu. Es präsentiert sich als ruhiger Rastplatz in einem hektischen und aufreibenden Alltag.
Christoph Müller