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Humor und Führung

Humor kann zu geistigem Freiraum führen
Von Christoph Müller

Manchmal scheint es leicht daher gesagt. Mit Humor und Gelassenheit lässt es sich in Unternehmen und Organisationen leichter führen. Dabei bleibt unerwähnt, dass es einen Graben zwischen Wunsch und Wirklichkeit gibt. Wie dem auch sei, der Gesundheits-wissenschaftler Eckhard Lotze hat sich in seiner Studie Humor und Führung   mit dem Gesundheitspotential beschäftigt. Diese Forschungsarbeit hat einen Grundlagencharakter, in der einerseits darüber nachgedacht wird, wie Führung heute definiert wird.

Andererseits schlägt Lotze den Bogen zu den Potentialen des Humors.
Lotze weiß, worüber er schreibt. Er verantwortet das Referat Pflege / Gesundheit älterer Menschen in der Bremer Senatsverwaltung. So ist seine Arbeit als Reflexion seiner alltäglichen beruflichen Praxis zu verstehen. Sie ist als wissenschaftliche Arbeit geschrieben, nicht als Handreichung für diejenigen, die Unterstützung für die konkrete Führungsarbeit erhoffen. Dem Erkenntnisreichtum des Buchs tut dies keinen Abbruch. Vielmehr ist die Leserin, der Leser gefordert, die eigenen Überlegungen auf die berufliche Matrix zu übertragen.

Im ersten Teil seiner Studie geht es darum, die Begriffe System und Führung näher in den Blick zu nehmen, während in einem zweiten Teil die Gesundheitsförderung unter die Lupe genommen wird. In diesem Zusammenhang sieht sich Lotze den systemtheoretischen Denkansätzen Niklas Luhmanns verpflichtet. So erscheint es nachvollziehbar, dass Führung für Lotze als Kontextsteuerung verstanden wird. Er bedauert, dass Führungs-kräfte in der Wirklichkeit als Vater , oder Lehrer verstanden wird und es eher schwerfällt, auf Augenhöhe miteinander anstehende Aufgaben zu bewältigen. Lotze unterstreicht zu Recht, dass es eine Vielzahl von Zusammenhängen zwischen Führung und Gesundheit gibt. Unter anderem betont er: Mehrere Studien wiesen einen direkten Zusammenhang zwischen sozialer Unterstützung und Fehlzeiten der Mitarbeiter nach, außerdem korreliere diese mit Stress-und Erschöpfungsempfinden der Mitarbeiter, der Arbeitszufriedenheit und habe einen positiven Einfluss auf die psychische Gesundheit. (S. 46)

Lotze erkennt Ambivalenzen, wenn Führungskräfte Humor einsetzen. Als soft skill sei es gerne gesehen. Doch sei Humor nie folgenlos. Erschwerend komme für Führende hinzu, dass es in Kommunikationssituationen zunächst eine rein subjektive Einschätzung des intentionslaen Humorproduzenten sei, ob der gesetzte Humorstimulus sich wie gewollt positiv auswirke. Voraussetzung für die positiven Wirkungen von Humor seien geteilte Normen, Kultur und Wissenshintergründe, denn eine humorvolle Normverletzung muss vom Empfänger als solche erkannt und v.a. als nicht-bedrohlich eingeschätzt werden (S. 73/74).

Wenn Lotze über Dimensionen des Humors in Organisationen schreibt, dann legt er Wert auf den Humor in der Interaktion sowie als Teil der Unternehmenskultur. Besondere Aufmerksamkeit hat sein Nachdenken über die Selbstführung mit Humor verdient. Diesbezüglich konstatiert er: Humor kann zu geistigem Freiraum und einem Perspektivwechsel auf die eigene Person oder Probleme führen. Die Einsicht in die begrenzte Rationalität von Entscheidungen in Organisationen kann mit humorvoller Haltung zu entspannteren Anerkennung von Emotionen aller Beteiligten als mitbestimmend führen. (S. 77)
Vielleicht ist Lotzes Buch Humor und Führung ein erster Anstoß, die eigene Führungspraxis zu überdenken. Wenn ja, so hat Lotze eine ganze Menge erreicht.

Eckhard Lotze: Humor und Führung Gesundheitsförderndes Potential in Organisationen?, Mabuse-Verlag, Frankfurt am Main 2018, ISBN 978-3-86321-395-4, 93 Seiten, 24.95 Euro.