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Fasten ohne Reue

Thomas Holtbernd

Fasten ohne Reue

Echter-Verlag, Würzburg 2006

ISBN 978-3429027667

149 Seiten

 

Mit dem Humor hat sich der Psychologe und Theologe Thomas Holtbernd in den vergangenen Jahren einen Namen gemacht. Der Psychologe in ihm hat sich immer gemeldet. Mit seinen Humorzitien und mit seinem neuesten Buch Fasten ohne Reue erhebt der Theologe in ihm den Finger. Er blickt mit dem Buch Fasten ohne Reue auf die alljährlich wiederkommende Fastenzeit jene entbehrungsreiche Zeit nach der Lachsession.

Mit seinem Fasten ohne Reue , das in diesen Tagen auf dem Buchmarkt erscheinen wird, überzeugt Holtbernd mit sehr eigenen Ansichten über die Fastenzeit. Ich will der entbehrungsreichen Fastenzeit den bitteren Ernst nehmen , erzählt Holtbernd. Dem Fasten liege der Irrtum zugrunde, man müsse perfekt sein. Fasten, Buße und Reue könnten jedoch auch Spass machen.

Wer sich auf den Weg mit Holtbernd macht und seine Fastenübungen versucht, wird mit Heiterkeit und Gelassenheit die Fastenzeit erleben. Denn die Askese der frühchristlichen Säulenheiligen oder mittelalterlicher Ordensmenschen ist seine Sache nicht. Holtbernd übersetzt den Fastengedanken in die Gegenwart, der letztendlich im Ostergelächter enden wird. Dies hätte die frühe Christenheit bereits als risus paschalis gepflegt, erläutert Holtbernd im Gespräch. Fasten müsse von der Lebensfreude her gedacht werden, sonst könnten die Christen auch keine frohe Osterbotschaft verkünden.

Der Gang Holtbernds durch die Fastenzeit ist von katholischen Traditionen geprägt. Es sind klassische Exerzitien, die er anbietet. Texte aus der Heiligen Schrift wechseln mit persönlichen Anmerkungen. Witze und Aphorismen bieten eine gewisse Abwechslung. Im Vordergrund stehen weniger die Fettpölsterchen, noch Laster wie Alkohol und Nikotin, sondern die Freude über das, was Spaß macht , gibt Holtbernd seinem Credo Ausdruck. Er vermeidet es, starre Glaubenssätze zu formulieren. Vielmehr lässt er den persönlichen Möglichkeiten frommer Menschen mehrere Türen auf: Vielleicht ist derjenige, der es schafft, einen Braten in Ruhe zu genießen und nicht zu verschlingen, mit seinen Fastenübungen weiter gekommen als der, der einfach keinen Braten isst. Es ist gar nicht so einfach, die Gaben dieser Erde zu genießen. Oft fehlt die Muße ...

Es gibt Sätze Holtbernds, die offiziellen Vertretern der römischen Kirche möglicherweise nicht so gut schmecken. So schreibt er: Leiden und Sein-Kreuz-auf-sich-nehmen ist nicht alles. Wenn das Christentum nicht nur für Masochisten attraktiv sein will, muss auch Hedonismus erlaubt sein. Und wer sucht, der findet. Das gemeine Kirchenvolk hat wunderbare Traditionen und Bräuche, die wie die Fastengetränke mehr dem Bauch als der Askese verpflichtet sind. Man kann sehr genügsam auch mit den frommen Übungen und Vorschriften sein. Dabei strahlt man mehr christlichen Frohsinn aus als die fromm Fastenden, die sich immer wieder ärgern, weil sie einer süßen Versuchung erlegen waren.

Was Holtbernds Fasten ohne Reue so menschlich macht, sind seine vielen Anekdoten über Selige und Heilige, die auch so ihre Kämpfe mit dem Fasten hatten. Realistisch klingen solche Töne: Die echten Gönner erkennt man daran, dass sie am lautesten lachen, wenn man über ihre widersprüchlichen Verhaltensweisen Witze macht. Eine amüsante Fastenübung ist es daher, seinen eigenen Widersprüchlichkeiten die Pointe abzuringen.

Holtbernd hat Hoffnungen gegenüber dem Pontifikat Benedikts XVI, der in den achtziger Jahren an die Tradition des Ostergelächters erinnert habe. Wörtlich: Dann hätte das Lachen seinen Platz in der Liturgie wie das Singen und Beten.

Christoph Müller, Weißenthurm