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Der Kölsche Jeck

Renate Matthaei

Der Kölsche Jeck Zur Karnevals-und Lachkultur in Köln

Dabbelju-Verlag, Köln 2009

ISBN 978-3-939666-11-0

383 Seiten

 

 

Für viele Menschen in Deutschland und in der Welt gilt er als Paradebeispiel des Karnevalisten: der kölsche Jeck. Doch er ist mehr, wenn man sich mit der Kulturwissenschaftlerin Renate Matthaei auf den Weg zu dem eigentümlichen Menschen am Rhein macht. Renate Matthaei beschreibt den Kölner Humor als Karnevaleske des Alltags . Oder geradezu philosophisch angehaucht schreibt sie: Das Jeckentum weiss: die menschliche Existenz ist körperlich und moralisch gefährdet, nur im Lachen gewinnt sie ein kurzes prekäres Gleichgewicht zurück.

Renate Matthaei ist es gelungen, mehr als eine Karnevalsgeschichte zu schreiben. Sie ordnet die Fastnacht und den Karneval in seinen historischen Entwicklungen ein, erklärt beispielsweise auch, weshalb sich die alemannische Fastnacht entwickelt hat und wie sie in einer historischen Entwicklung zum Kölner Karneval steht. Das Buch Der kölsche Jeck zeigt einen erstaunlichen Weitblick, der über das Wachsen der Roten Funken und anderer Korps hinausgeht.

Es wirkt in dem Buch Der kölsche Jeck auch so, dass die Karnevals-und Lachkultur nicht nur einer nüchternen wissenschaftlichen Betrachtungsweise unterzogen wird. Renate Matthaei lässt die Menschen in Köln erlebbar werden, wenn sie schreibt: Die Attacke des Kölner Humors richtet sich immer gegen die Überzogenheit einer Person: die angespannte, ungeduldige Erwartung, die ästhetisch betonte Erscheinung, die soziale Arroganz. Wer sich von solchen Untugenden hinreißen lässt, bekommt eine deftige Lektion und wird als Jeck entlassen.

Der Musiker Hartmut Priess von der Kölner Kultband Bläck Fööss , der ein denkwürdiges Vorwort geschrieben hat, fasst den Mehrwert des Buchs Der kölsche Jeck eindrucksvoll zusammen: Es geht in diesem Buch nicht darum, Erfolge der Vergangenheit zu feiern. Es handelt sich eher um eine Ehrenerklärung für unsere Liederkultur, die viel genauer, als es uns heute erscheinen mag, das Leben in Köln begleitet hat: Das Leben in seinen grossen und bedeutenden Ereignissen, in seinen kleinen lustigen oder traurigen Begebenheiten.... Aber alle sind sie da

Die Bedeutsamkeit des Kölner Jeck und des Kölner Karneval wird an zahlreichen Beispielen verdeutlicht. Matthaei macht sich Gedanken über Kostüme und alte Masken, sie thematisiert die Fastnachtsspiele des 19. Jahrhunderts sowie den Zusammenhang zwischen dem Volkskarneval und dem Dombauverein. Sie lässt sich dazu aus, warum und wie sich der Veedelskarneval in Köln entwickelt hat.

In seiner Ausführlichkeit und seine Umfasstheit sucht das Buch Der kölsche Jeck seinesgleichen. Es ist für jeden Interessierten eine Fundgrube, der etwas über den rheinischen Karneval erfahren möchte. Schließlich sind auch die zahlreichen Büttenredner im Scheinwerferlicht der Kulturwissenschaftlerin. Es wird nachvollziehbar, wieso der Kölner Karneval einen so grossen Schatz an kölschem Liedgut heben kann, der bis in die Gegenwart trägt. Wer kennt nicht die vielen Volkslieder des Willi Ostermann und die Gassenhauer der Höhner .

Das Buch Der kölsche Jeck ist ein Muss für jeden, der den rheinischen Karneval und den rheinischen Humor verstehen will.

Christoph Müller