Der Clown
Ludger Hoffkamp: Der Clown - Das innere Kind im Spielraum des Lachens, HCD-Verlag, Tuttlingen 2015, ISBN 978-3-938089-22-4, 163 Seiten, 16.50 Euro.
Die Clowns-Figur übt eine Faszination aus, die zeitlich wie emotional grenzenlos zu sein scheint. Der Theologe und Clown Ludger Hoffkamp hat sich nun in einem Buch mit seinem eigenen Verständnis des Clownseins auseinandergesetzt. Er sieht das Wachsen einer Clownsfigur als eine Rückbesinnung auf das eigene innere Kind. Den Weg zum inneren Kind hat er durch eine jahrelange Arbeit an und mit sich gefunden. In der Gegenwart unterstützt er zahlreiche Zeitgenossinnen und Zeitgenossen, eine Spurensuche zu beginnen. So ist sein Buch als "Wege-Erzählung" zu verstehen - einerseits als Protgaonist, andererseits als Chronist.
"Seit jeher war der Clown Symbol einer Lebenshaltung, die sich an den unverschämten Impulsen authentischen Kindseins orientiert", schreibt der Psychotherapeut und Wegbereiter des therapeutischen Humors, Michael Titze, in seinem Vorwort. Dadurch entspreche der Clown dem Archtetypus des Schelms, "jenes universalen Spaßmachers, der sich an keinerlei Regeln hält und der die Grenzlinien der sozialen Wirklichkeit beliebig verrücke" (S.12). Hoffkamp macht über die mehr als 160 Seiten deutlich, wie vielfältig dieses Verrücken sein kann.
Es ist ein persönliches Buch, mit dem Hoffkamp die Leserin und den Leser konfrontiert. Schnell kommt er an einen Punkt, an dem er den heilenden Charakter von Clownsarbeit betont - für den Spielenden wie für den Menschen, der unter anderem in einer Wohlfahrtseinrichtung Nutznießer des Clown-Spiels sein darf. Die Frage taucht auf, ob das Therapeutische des Clown-Spiels ein beiläufiger Effekt sein kann oder geradezu ein zentraler Moment sein muss. Die Zwecklosigkeit des Clown-Spiels, die einfach wirkt, weil sie sie wirkt, gerät etwas in Vergessenheit.
"Das Spiel ist ein Türöffner ins erleben. Das Spiel markiert das In-Bewegung-Kommen, vom Kopf in den Leib, vom Denken ins Tun, vom Interpretieren ins Spüren und Erleben", schreibt Hoffkamp (S.44). Wenn er dies beschreibt, dann zeigt sich, wie sehr Clown-Spiel Gestaltungsräume eröffnet - für den Spielenden in der künstlerischen Arbeit, für den Menschen an sich im Alltag. Die rote Nase stellt Hoffkamp als wichtiges Moment vor. Vielleicht gehört die rote Nase mehr in den Alltag, als es erlebt wird.
Eine größere Ausführlichkeit und Tiefgründigkeit hätte aus Sicht der Leserin oder des Lesers das "Leib-Gedächtnis" verdient. Das clowneske Erleben auf der Bühne schaffe eine "starke physische und psychische Erinnerung im Einzelnen". Dies gilt nicht nur für das Clown-Spiel. Vielmehr zeigt sich bei vielen Rückbezügen auf diesen Begriff, dass die Präsenz des Leib-Gedächtnisses beim Einzelnen sich zu wenig in der inhaltlichen Auseinandersetzung abbildet.
"Vom Erwachen des inneren Kindes" schreibt Hoffkamp. Das "Sich im Spiel verlieren" bietet er als Möglichkeit und Notwendigkeit an. "Den Clown als Spiegel" beschreibt er. Es wird deutlich, dass der Clown als Phänomen und Clown-Spiel als Handlungsimpuls eine Weite ermöglicht, die ansonsten im Alltag nicht spürbar wird. Deshalb ist Hoffkamp für sein Engagement zu danken, dass er den Clown auf die Bühne stellt als Frau oder Mann der Möglichkeiten. Der Weg von der Bühne in den Alltag ist dann hoffentlich ein kurzer.
Christoph Müller