Das lachende Gehirn
Leichtigkeit und Hirnforschung
Wieso lachen Menschen eigentlich? Welche Kraft liegt eigentlich in einem Lächeln und in der Heiterkeit? Dies sind Fragen, auf die der Neurologe und Psychiater Reiner Heckl Antworten gesucht hat. Und es sind überzeugende Antworten, die Heckl gefunden hat. Schließlich hat sich der praktizierende Mediziner mit dem aktuellen Forschungsstand um das Lachen und den Humor, die Heiterkeit und das Lächeln beschäftigt.
Ganz beeindruckend ist, dass Heckl die Freude am Spiel ausmacht, um einen Bezug zum Lachen und Humor herzustellen. Dies sei mit einer Lust am Ungewissen (S. 18) verbunden. Die Übung, auf das Unvermutete schnell und richtig zu reagieren, habe selbstredend einen großen Überlebensvorteil. Mit dieser Sicht auf die Dinge lässt sich natürlich ein gelassener Umgang mit dem Humor und der Heiterkeit pflegen. Dabei zeigt sich bei den Überlegungen Heckls, dass die Schlagfertigkeit beim Heiteren und Humorvollen immer auch ein Beispiel für die Fähigkeit im allgemeinen Leben sein kann, um in Widrigkeiten überleben zu können.
Heckl beantwortet nicht nur die Frage, warum Lachen ansteckend ist. Er erläutert nicht bloß, weshalb Lachen etwas mit dem Wohlbefinden und den Lustarealen im Hirn etwas zu tun hat. Heckl blickt unter anderem auf die Unterschiede des Lachens bei Frauen und Männern. Er klärt über das Stewardessen-und das Duchenne-Lächeln auf. Besonders aufschlussreich erscheint es, wenn er die Heiterkeit als Charakterzug beschreibt.
In diesem Zusammenhang verdeutlicht er, dass es bislang nicht gelungen sei, Gen-Konstellationen den Charaktereigenschaften zuzuordnen. Eher sei die Fähigkeit zum Wohlbefinden eng mit der Persönlichkeit bzw. verschiedenen Persönlichkeitskomponenten verknüpft. Unter anderem berichtet Heckl: Anders stellt sich die Lage bei denjenigen dar, bei denen das Wohlbefinden und die Lebenszufriedenheit weniger ausgeprägt waren. Diese konnten sich über ihren kleinen Gewinn kaum freuen ( ) Ihre Belohnungszentren sprangen bei einem kleinen Gewinn gar nicht an (S. 68).
Was in der zeitgenössischen Literatur zu Humor und Heiterkeit häufig fehlt, ist eine tiefgründige Auseinandersetzung mit der Komik. Heckl füllt mit seinem Buch die Lücke. Im Kontext der Erläuterung des Komik-Begriffs lernen die Leser_innen einiges über Reflexverhalten der Menschen. Ein vergleichbarer Effekt ist zu erleben, wenn Heckl die Überraschung als solche unter die Lupe nimmt und entsprechende Reaktionen im Hirn nachzeichnet. Mit seinen Beschreibungen ist er nah bei den Leser_innen, wenn er schreibt: Wenn Sie sich lange über ein kniffliges Problem den Kopf zerbrechen müssen, , dann fühlen Sie sich unwohl. Wenn Ihnen aber ganz plötzlich die Auflösung der Inkongruenz gelingt, dann hat bei Ihnen gewissermaßen ein Geistesblitz eingeschlagen, ziemlich wahrscheinlich in Ihrem rechten Schläfenlappen (S. 157).
Heckls Buch Das lachende Gehirn zeigt nicht nur, dass Lachen und Heiterkeit mehr sind als unmittelbare Gefühle. Heckl schafft es, Wissenschaft lebendig nahezubringen. Es ist nicht so, dass der Sprung über die Hürde, das Buch in die Hand zu nehmen, als schwerfällig wahrzunehmen ist. Es ist eine Leichtigkeit zu spüren, die über die mehr als 250 Seiten die Leser_innen nicht verlässt. Dies liegt nicht nur an dem wirklich seltenen Nachdenken über Komik, Musik und die Wirkungen bei den Menschen.
Reiner W. Heckl: Das lachende Gehirn Wie Lachen, Heiterkeit und Humor entstehen, Schattauer-Verlag, Stuttgart 2019, ISBN 978-3-608-40004-5, 268 Seiten, 20 Euro.