Bitter die Pille, heiter der Trost
Thomas Holtbernd
Bitter die Pille, heiter der Trost Heilsame Wortdragees für Patienten, Angehörige, Besucher, Ärzte, Pflegende, Altenheimbewohner, Seelsorger, ...
Aschendorff-Verlag, Münster 2005
ISBN 3-402-00211-6
173 Seiten
Wer bislang nicht der Überzeugung gewesen ist, der glaubt es nach der Lektüre des Buchs Bitter die Pille, heiter der Trost . Krankenhäuser, Altenheime und Arztpraxen seien nicht nur Orte des Leids und der Krankheit, sondern auch eine Fundgrube für heitere Geschichten. Mit Kreativität und Schlagfertigkeit werde die Wirklichkeit bunter gemacht, plädiert der Theologe und Psychologe Thomas Holtbernd in seinem Buch Bitter die Pille, heiter der Trost für den Humor in Krankenhaus und Altenheim.
Holtbernd schaut weniger mit einer mitleidigen, als vielmehr mit einer heiteren Brille in Seniorenzentren und Kliniken. Während der Lektüre fühlt man sich häufiger in der Welt der weißen Kittel und ungewöhnlich riechenden Flure. Wer eine Tablette aus der Packung nimmt, schaut sich meistens erst mal die Gebrauchsinformationen des Pharma-Herstellers an. Holtbernd hat diese Gewohnheit aufgegriffen und beschreibt zum Auftakt auch die Gegenanzeigen, die Wechselwirkungen und gibt Hinweise für die Dosierungsanleitung.
Das Schmunzeln kann man schon auf der ersten Seite nicht unterdrücken, wenn Holtbernd davor warnt, das Medikament bei chronischem Realitätssinn anzuwenden. Eine hohe Dosierung könne den Krankenhausaufenthalt verkürzen. Im Gespräch erzählt er: Tränen der Trauer sollten Tränen der Heiterkeit werden. Denn wo das Leid permanent präsent ist, muss die Freude mitgedacht werden. Leben findet immer in dieser Polarität statt vor allem im Krankenhaus und in Altenheimen.
Das Schöne an dem Buch Bitter die Pille, heiter der Trost ist der Abwechslungsreichtum, den Holtbernd wagt. Er plaudert Geschichten aus, die er selber erlebt hat oder die ihm erzählt worden sind. Er dokumentiert Witze aus der Welt der Schwestern und Physiotherapeuten, der Ärzte und Patienten. Und er referiert über die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Humor und Lachen. So hebt sich Bitter die Pille, heiter der Trost von einer reinen Erbauungsliteratur ab.
In dem Kapitel Dann ziehen Sie sich doch mal aus! thematisiert Holtbernd die Rolle von Arztfrauen bei der Auswahl der Sprechstundenhilfen und stellt fest: Der Arzt soll seine Arbeit tun, er kann sich an den Ausblicken erfreuen, doch vor allem soll er zuhören. Was der Arzt zu hören bekommt, ist dringlicher als das, was er zu sehen bekommt. Wenn er über Besondere Delikatessen: Schnitzel passiert u.a. parliert, steht jedem Leser das grinsen im Gesicht: Satt wären die meisten, wenn sie das sähen, was für die Patienten ohne Zähne bzw. die, die nicht mehr richtig zubeißen können, angerichtet wurde: Passierte Kost. Da wird der feinste Braten durch den Fleischwolf gedreht, sieht aus, wie schon einmal gegessen. Das Auge isst bei diesen Mahlzeiten nicht mehr mit. Auch wenn die passierte Kost durchaus schmackhaft ist, es ist lediglich eine Nahrungsaufnahme und kein Genuss. Dass da der ein oder andere die Nahrung verweigert, ist kaum verwunderlich.
Holtbernds Worte sind auch an einer anderen Stelle deutlich. Wenn er von der Visite spricht, wird seine Kritik lautstark. Wörtlich: Eine besondere Eigenart von Ärzten ist, dass sie mehr reden als zuhören ... Dem Patienten hilft es wenig, wenn er den Namen seiner Krankheit kennt. Zwar kann man sich wichtig machen, wenn man nicht an einem simplen Schnupfen, sondern an Rhinitis leidet, doch zeugt diese Angeberei eher von einer cerebralen Insuffizienz als von einem bewussten Umgang mit seiner Krankheit.
Wer weiß, dass die Welt der Altenheime und Krankenhäuser eine Wirklichkeit der Rituale und Traditionen ist, sieht das Buch Bitter die Pille, heiter der Trost auch als eine Protestschrift an. Dies sei gewollt, meint Holtbernd. Der heitere Blick solle die Kritik jedoch erträglich machen und den Anstoß zum Umdenken spielerisch gestalten. Deshalb wagt Holtbernd einen Gang durch die üblichen Phänomene einer solchen Einrichtung. Er greift die Aufnahmesituation auf, denkt über den Fremden im Zimmer nach und stellt die Frage: Wer klopft denn an?
Ich will Hoffnung machen, wo das Dunkle und Negative Menschen prägt , ist ein Credo des Theologen und Psychologen Holtbernd. Mit dem Buch Bitter die Pille, heiter der Trost gelingt es ihm. Deshalb gehört Bitter die Pille, heiter der Trost in viele Teamzimmer, Nachtschränke von Krankenzimmern und Warteräume von Praxen.