Psychologie des Kinderhumors
Marion Bönsch-Kauke
Psychologie des Kinderhumors Schulkinder unter sich
Verlag Leske + Budrich, Opladen 2003
ISBN 3-8100-3702-8
304 Seiten, Euro 19,90
Die Studie Psychologie des Humors Schulkinder unter sich stimmt optimistisch. Denn die Ergebnisse, die die Sozialpsychologin Bönsch-Kauke erarbeitet, lassen mit frohen Augen in die Zukunft blicken. Alle Kinder hätten Humor. Ein Kind ohne Humor gebe es nach den Beobachtungen der Studie nicht, folgert Bönsch-Kauke. Sie erklärt dies beispielsweise an Spitznamen. Diese seien eine Abstraktionsleistung. Wörtlich: Pointiert als Beleidigung oder Huldigung wird formuliert, was man mit den anderen erfahren hat und worauf man sich im Umgang mit ihm einstellen muss. Handlich wie eine Faustregel enthalten Spitznamen einen versteckten Tipp, wie man am besten mit dem anderen zurechtkommen kann.
Bei den zahlreichen teilnehmenden Beobachtungen und Auswertungen von Fragebögen hat Bönsch-Kauke festgestellt, dass Humor unter Kindern großartige Kompetenzreserven und Entwicklungschancen, vor allem für das soziale Lernen biete. Sie gibt zu bedenken: Im Gegensatz zur häufig unter Erwachsenen verbreiteten Auffassung, dass Kinderspaß zur wuchernden Unsitte ausartet, handelt es sich um ein außerordentlich problemsensibles Inter-aktionsmuster mit beträchtlichem Schwierigkeitsgrad für die sozialkompetente Entwicklung der Schulkameraden und ihrer zwischenmenschlichen Beziehungen.
Bönsch-Kauke hat über Jahre Schülerinnen und Schüler einer Grundschule in Berlin Marzahn begleitet. Dieser Blick in den Alltag macht die Studie Psychologie des Kinderhumors Schulkinder unter sich zu einem Leckerbissen. Es ist jedoch nicht die einzige herausragende Leistung, mit der Bönsch-Kauke aufwartet. Sie hat eine detaillierte theoretische Grundlegung zum Humor den Forschungen vorangestellt. So thematisiert sie den Zusammenhang von sozialen Beziehungen und Humor . Sie denkt gleichzeitig über das Verhältnis von Geschlecht und Humor nach. Sie ergründet den Humor in den verschiedenen Entwicklungsphasen menschlichen Lebens. Dies tut sie auf dem Fundament einer großen Sachkenntnis, mit dem Blick für die aktuelle Literatur.
Dass Spaß in gegenseitigen Beziehungen meistens erwidert wird, hat Bönsch-Kauke bei der Beobachtung der Schulkinder festgestellt: Frei und entspannt, aufgelegt zum Lachen kooperieren sie quasi in einem Humorprozess. Das geschieht, indem sie als Partner vergnüglich die Rollen des Spaßinitiators und des Spassreplikators tauschen, sich als Alter und Ego wechselseitig erfahren und immer besser verstehen lernen.
Was das Miteinander der Geschlechter angeht, so hat Bönsch-Kauke bei den Humor-Interaktionen der Kleinsten schon mannigfache Unsicherheiten, Irritationen und Peinlichkeiten festgestellt. Jungen schwankten zwischen schüchterner Zurückhaltung und groben Übergriffen gespickt mit deftigen Ausdrücken, von Seiten der Mädchen kämen häufig kokette Anspielungen. Während Kinder von sechs bis zehn Jahren ihre Beziehungen zum anderen Geschlecht noch freimütig und unbekümmert offenbarten, werde dieses Thema zwischen Kindern von elf bis zwölf Jahren heikel und zunehmend ein Geheimnis daraus.
Was Bönsch-Kauke mit dem Blick auf die Kinder als Voraussetzung für den Seelenfrieden beschrieben hat, sollten sich wohl auch Erwachsene zu Herzen nehmen: Kinder sind anders. Gegenüber einer Welt von Erwachsenen brauchen sie Humor, um mit ihren Ängsten, ihren Gefühlen fertig zu werden ... Humor ist Ausdruck der spielerischen Natur des Menschen, des homo ludens.
Christoph Müller, Walsrode